Dichtung zwischen Klassik und Romantik

Heinrich von Kleist

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Heinrich von Kleist um 1809, Berlin.
Heinrich von Kleist um 1809, Berlin.

Heinrich von Kleist

1777–1811

Der dritte im Bunde eigenwilligen Dichter zwischen Klassik und Romantik war Heinrich von Kleist, Sohn eines Offiziers, in Frankfurt an der Oder geboren, aus altem pommerschem Adelsgeschlecht, dem 18 Generäle und 2 Feldmarschälle entstammten.

Auch ihm war der Soldatenberuf bestimmt. Er fand darin aber keine Befriedigung und schied mit 22 Jahren aus.

Kleist verlor den Vater mit 11, die Mutter mit 16 Jahren.

Von leidenschaftlichem Drang nach Wahrheit ergriffen, wurde er zutiefst erschüttert durch Kants Lehre, dass die Erkenntnis des Menschen nie über die bloße Erscheinung hinaus zum Ding an sich vordringe. Damit war „sein einziges, sein höchstes Ziel gesunken.“

„Wir können nicht entscheiden, ob das, was wir Wahrheit nennen, wahrhaft Wahrheit ist oder ob es uns nur so scheint.“

Sein Leben war von da ab ein qualvolles, ruheloses Wandern. In Paris  schuf er das Drama Robert Guiskard, in der Schweiz träumte er von einem grünen Häuschen in ländlicher Abgeschiedenheit. Dann wollte er mit Napoleons Invasionsarmee über den Kanal setzen, um ein „unendlich prächtiges Grab“ zu finden.

Eine staatliche Anstellung in Königsberg war seinem Wesen vollends nicht gemäß. Aus Dresden, wo er als Herausgeber einer Zeitung den Widerstand gegen Napoleon  schürte, vertrieb ihn die österreichische Niederlage von 1809. Ein Jahr noch bemühte er sich in Berlin, seinem Leben Sinn und Inhalt zu geben, aber das Leben bot ihm nur wirtschaftliche Not und seelische Verlassenheit, vielleicht weil ihm seine unausgeglichene Art nie ganz zum Herzen eines Menschen finden ließ.

Bruch mit der Familie, Unverständnis der Zeit für seine Werke, auch Goethe  verkannte ihn, und Trauer über den Zusammenbruch des Vaterlandes waren eine zu schwere Bürde. Sie trieben ihn, „zufrieden und heiter“ selbst sein Leben zu beenden: Auf einem Hügel am Wannsee bei Potsdam erschoß er sich am 21. November 1811 im Alter von 34 Jahren.
Auf einer Steintafel steht dort der Vers Hoffmanns von Fallersleben: „Er lebte, litt und sang in trüber schwerer Zeit, er suchte hier den Tod und fand Unsterblichkeit.“

Drängende Kraft und bohrende Leidenschaft, den Dingen auf den Grund zu gehen, kennzeichnen seine Werke.

Der zerbrochene Krug ist eines unserer wirklichen Lustspiele (1806), in dem der Dorfrichter Adam  zur Untersuchung seines eigenen Vergehens berufen wird. Es folgten die Tragödie Penthesilea, Das Käthchen von Heilbronn, ein romantisches Ritterschauspiel (1808).
Die Hermannsschlacht schrieb er zum Thema Vaterlandsliebe, und ein Jahr vor seinem Tod findet er die Kraft, ein Drama von klassischer Geschlossenheit, tiefer Menschlichkeit und innerer Zucht zu formen: Prinz Friedrich von Homburg, 1810. Auch die Erzählungen Kleists sind dramatisch angelegt, vor allem die großartige Novelle Michael Kohlhaas. Kohlhaas, der rechtschaffendste und entsetzlichste Mensch  seiner Zeit – im 16. Jahrhundert in der Mark Brandenburg – wird zum Räuber und Mörder, da ihm angetanes Unrecht um jeden Preis wieder gutgemacht werden muss.

Kleist wird zum Schöpfer der psychologischen Novelle (novella = Neuigkeit).

Er hat selbst das Maß menschlicher Bescheidung nicht gefunden und erlag der verzweifelten Erkenntnis, dass ihm auf Erden nicht zu helfen war.

 



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