Heinrich Zille
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1858–1929
Der kleine Heinrich kam am 10. Januar 1858 in sächsischen Städtchen Radeburg zur Welt.
Er lernte früh trocken Brot essen und die schwere Hand des Lebens kennen.
Man versteht Zille erst ganz, wenn man das Buch seiner Jugend aufschlägt, denn die frühen Erfahrungen sind die ersten Bausteine zum Gebäude unserer Lebensphilosophie. Die Zillesche war erfüllt von der Schwere jahrzehntelanger Erlebnisse und Erkenntnisse.
Für einen Taler im Monat nahm der talentierte Junge beim alten Spanner in der Blumenstraße Zeichenunterricht. „Das beste ist“, sagte dieser ihm, „du lernst Lithograph. Zeichnen kannste ja, und da sitzt du immer in‘ner warmen Stube, immer fein mit Schlips und Kragen. Und dann wirst du mit „Sie“ angeredet. Was willst du mehr?“
Dann ging Zille bei dem Steinzeichner Fritz Hecht in die Lehre. Er begann, mit Lithographenkreide auf glattgeschliffenen Steinen zu zeichnen und besuchte im Abendunterricht die Kunstschule des Professors Theodor Hosemann. Dieser zeigte ihm den Weg: die Straße, das Draußen, das Menschenantlitz. An Honoré Daumier und Adolph von Menzel konnte er sich begeistern.
Es war die Zeit Bismarcks und dessen Beginn des Kulturkampfes gegen die katholische Kirche .
Um die Jahrhundertwende fing Zille an, sein „Milljöh“ zu entdecken. Er arbeitete mit Blei-, Kohlestift und Kreide . Die Heirat 1883 mit der Lehrerstochter Hulda Frieske hatte zur Folge, dass die Tochter Margarete und die Söhne Hans und zuletzt Walter auf der Bildfläche erschienen.
In den Blättern Simplicissimus, Ulk oder Berliner Tagblatt konnte man schon damals erkennen, wieviel warmherzige, ironisierende und verspottende Sozialkritik in diesem Zille steckte. Er suchte ohne Sensationsbedürfnis immer bewußter die Quartiere der neben oder unterhalb der Gesellschaft Lebenden. Dabei entdeckte er, dass die Menschen, so elend, gesetzlos und unbeherrscht sie auch dahinleben mochten, es dennoch verstanden, aus ihrer scheinbar unabänderlichen Lage das Gold des Lachens zu münzen. Hinter einem schnoddrigen Witz verbargen sie nicht selten Kümmernis, Not und Hilflosigkeit. Und Zille aß, trank, lachte und feierte mit ihnen in stetigem Bannkreis der „Polente“. Heinrich sagte über sich selbst: „Wenn ich mich früh im Spiegel gesehen habe, wenn ich mich gekämmt habe, hab‘ ich genug von meinem Gesicht.“
„Zille war mehr als ein Humorist. Sein Humor erinnert an Gottfried Keller , an Jean Paul und Jonathan Swift. Dieser Humor ist so selten wie ein weißer Rabe, ihm verdankt er seine Größe als Künstler“, sagte der Maler Max Liebermann. Er war es, der dem berühmt gewordenen Zeichner Heinrich Zille Jahre später die Tür zur Akademie öffnen sollte.
Nach seiner Wahl in die Akademie schrieb ihm ein Modell von einst: „For Ihnen zieh ick mir noch heute aus!“
Er blieb, was er zeitlebens war, ein Arbeiter, der sich zur höchsten Künstlerschaft durchrang. Nur ein Mensch , der tief an Leib und Seele erfahren hatte, was es mit der ausweglosen Not auf sich hat, konnte das Wort sprechen: „Wenn ich helfen kann, tu ich´s am liebsten in den hungernden Mund, gleich!“ Seine Berliner nannten ihn Pinselheinrich oder Professerchen.
Nach dem Tode seiner Frau (1919 mit 54 Jahren) schwor er sich, die Wohnung, die unlöslich verbunden war mit seinem Familienglück und der Legion seiner Geschöpfe, bis zu seinem Ende nicht aufzugeben.
Am Morgen des 9. August 1929 ging Heinrich Zille friedlich in die Ewigkeit ein.
Weblinks
- Wikipedia: Heinrich Zille