Voltaire
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1694–1778
Voltaire, französischer Schriftsteller, geb. und gest. in Paris , Sohn eines Notars.
Der Knabe François-Marie Arouet nahm 24 jährig den Namen Voltaire an, also 1718.
Seine ungewöhnliche Begabung fiel schon früh auf. Nach Abschluß seines Studiums (1710) am Jesuiten-Collège Louis le Grand fand er Anschluß an aristokratische und freidenkerische Kreise seiner Zeit.
Früh schon Autor geistreicher Satiren und Epigramme, schrieb er, irrtümlich in der Bastille inhaftiert, Oedipe. Es wurde schon nach seiner Haftentlassung 1718 der erste öffentliche Erfolg und brachte ihm eine Pension des Herzogs von Orléans ein.
Nach einem Streit mit dem Chevalier De Rohan wurde eine erneute Haft in Verbannung umgemünzt, die ihn nach England führte. Dort schrieb Voltaire Abhandlungen zu praktisch allen Gebieten des Lebens: Philosophie, Wirtschaft, Naturwissenschaft, Religion, Literatur etc., die er zusammenfaßte als positive Spiegelung der französischen Mißstände. 1733 erschienen sie in London, ein Jahr später in Rouen (Lettres philosophiques).
Die zugefügten Remarques sur les pensées de Pascal sind überaus interessant als Abgrenzung aufklärerischen Denkens gegen eine christlich-religiöse Weltauffassung.
„La Henriade“ folgte, eine Darstellung der Glaubenskämpfe unter Heinrich IV. und zugleich eine Absage an jegliche Form von Fanatismus (heute sagt man Fundamentalismus) aller Konfessionen.
Das Erbteil des Vaters konnte er geschickt in Frankreich gewinnbringend anlegen.
Finanzspekulationen machten ihn zu einem reichen Mann, der dadurch zudem unabhängig wurde. Er publizierte ein größeres historisches Werk (Histoire de Charles XII.) und schrieb 1733 ein mehr witziges Epos über Jeanne d’Arc (La Pucelle), in dem er nicht bereit war, ihr einen göttlichen Sendungsauftrag zu attestieren.
Voltaire musste erneut fliehen, da ihm die französischen Parlaments die Lettres philosophiques übel ankreideten und diese verbrennen ließen. Er ging nach Lothringen auf Einladung von Madame Du Châtelet, wo er sich naturwissenschaftlichen (Newton) und historischen Studien widmete. Hier begann auch seine Korrespondenz mit Friedrich dem Großen, als dieser noch Kronprinz war. 1744 kehrte er nach Paris zurück, mittlerweile in ganz Europa berühmt. Laut Zeitgenossen dort „von Louis XV. ungern gesehen, aber toleriert.“ Mitglied der Académie francaise wurde er 1746 und durch Vermittlung der Marquise de Pompadour königlicher Kammerherr. 1750 folgte er der Einladung Friedrichs II. nach Potsdam, doch alsbald kam es zu Spannungen und schließlich 1753 zum Bruch.
Es folgte das historische Hauptwerk Le siècle de Louis XIV. und die Veröffentlichung seiner ersten Romane, denen mit Candide noch andere folgten. Der Candide ist das klassischste Werk über die menschliche Einfalt.
Nach Zwischenaufenthalten im Elsaß suchte Voltaire einen vor politischen Verfolgungen sicheren Platz und ging nach Genf, wo er einen Landsitz besaß, kaufte zusätzlich ein Sommerhaus in Lausanne und, nach Schwierigkeiten mit der streng calvinistischen Regierung der Stadt Genf, zwei Ländereien in der Nähe auf französischem Boden. Alterssitz aber wurde das Landschloss Ferney (1760).
Er kämpfte für die Belange von Leibeigenen, gründete Manufakturen und Schulen, griff für Gefährdete in Justizverfahren ein (z.B. J. Calas) und rief zu konfessioneller Toleranz auf. Voltaire wurde zur größten geistigen Autorität im damaligen Europa. Dem Drängen vieler Freunde folgte er erst 1778 und wohnte der Aufführung seiner letzten Tragödie Irène bei.
Während der Aufführung wurde seine Statue mit Lorbeer gekrönt, was noch nie zuvor einem Literaten zuteil geworden war. Paris lag ihm förmlich zu Füßen. Bereits zwei Monate später starb er, und da ihm eine kirchliche Bestattung in Paris aufgrund seiner jahrelangen antiklerikalen Einstellung versagt wurde, setzte man ihn in Sellières bei Troyes in der Nähe der katalaunischen Felder bei.
Erst zur Zeit der Revolution, zu der Voltaire in der Art eines spiritus rector wesentlich beigetragen hatte (bezüglich seiner geistigen Haltung für die französischen Philosophen der Aufklärung, der Enzyklopädisten wie Diderot und d’Alembert), wurden seine Gebeine ins Panthéon überführt.
Voltaire ist in der Tat vollkommene Verkörperung der Aufklärung hinsichtlich ihrer Vernunftidee, ihres analytischen Denkens und der Verbindung von konstruktiver Theorie mit praktischem Interesse an der Förderung menschlicher Wohlfahrt. Manche Autoren sprechen noch immer vom 18. Jahrhundert als dem siècle de Voltaire. Sein nie erlahmender Kampf galt vornehmlich dem religiösen Fanatismus und allen Arten von Vorurteilen. Allerdings fällt für viele ein Wermutstropfen in seinen Kelch: Als Mensch war er unzweifelhaft überaus ehrgeizig und gewinnsüchtig, was seinem Gerechtigkeitssinn aber keinen Abbruch tat.
In seinen Werken war ihm oft Witz wichtiger als die Erkenntnis. Mit Voltaire wurde der Schriftsteller zu einer öffentlichen Macht. Mit Voltaire und seinen Arbeiten begann das psychologische Zeitalter. Seine Größe besteht nicht zuletzt in der Fähigkeit, die Fragen der Moral von den Fragen des menschlichen Glücks zu trennen. „Der Mensch hat das Recht auf sein eigenes Geschick“, meinte er. Voltaire bejahte auch das Recht des Einzelnen auf Suizid, was die Kirche streng verneinte. Er, ein Nachkomme Montaignes, versuchte den Blick der Menschen auf ihre eigene Existenz zu richten, hatte nichts gegen den Glauben, aber der Glaube sollte so eingerichtet sein, dass er das Leben der Menschen auf dieser Erde und nicht nur im Himmel in Betracht zieht.
Weblinks
- Wikipedia: Voltaire