Maler und Schriftsteller

Max Beckmann

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Max Beckmann, Schwarze Schwertlilien.
Max Beckmann, Schwarze Schwertlilien.

Max Beckmann

1884–1950

Max Beckmann. Maler der Zeit des Expressionismus , Kunstprofessor und Geächteter.

Am 26. Juli 1937 wurde im Archäologischen Institut in München die Ausstellung Entartete Kunst eröffnet, die sich auf etwa 700 Werke moderner Bildhauer und Maler wie Barlach , Kokoschka, Kirchner, Heckel, Nolde, Beckmann, Marc und Macke bezog.
Kurz zuvor wurde Max Beckmanns Bild Der Strand mit einem Selbstportrait des Malers, in einer Berliner Illustrierten erschienen, mit dem Kommentar versehen: „Es gibt kaum ein Bild des Kunstbolschewisten Beckmann, das nicht eine gemeine Zote wäre.“
Für den Maler war dies das Signal, die Koffer zu packen und nach Amsterdam auszureisen.

Zu diesem Zeitpunkt war er 53 Jahre alt und gehörte zu den deutschen Expressionisten, obwohl er selbst seine Eingliederung in irgendeine Gruppierung überaus ungern hörte.
Beckmann war für die damaligen Betrachter seiner Werke in der Münchner Ausstellung ein zersetzender Geist bzw. einer, dessen Zeichnungen zur Kriegserklärung von 1914 beispielsweise eine Frau zeigen, die weint, anstatt Figuren, die fröhlich winkend in Feindesland aufbrechen.

Krieg reimte sich bei ihm nicht auf Sieg, aber Not auf Tod.

1884 wurde er als Sproß einer Braunschweiger Familie in Leipzig geboren und wuchs zu einem großen, geradezu wuchtigen Mann mit markanten Zügen heran, der aber wie so viele Zeitgenossen (u.a. Ludwig Kirchner) vom Krieg geprägt worden ist.

Die Familie ist nach Braunschweig zurückgezogen, und Max wird 1900 Student an der Weimarer Kunstschule. 1904 folgt ein Umzug nach Berlin mit ersten Ausstellungspreisen, 1906 heiratet er und wird vier Jahre später von den Künstlern der sogenannten Secession in den Vorstand gewählt. 1913 ist sein künstlerischer Ruhm schon bedeutend.

1914 geht er als Freiwilliger zum Sanitätsdienst. An seine Frau schreibt er 1915 von Erlebnissen im Kriegsdienst: „... Tote wurden an uns vorbeigeschleppt, einen Franzosen habe ich gezeichnet, der halb aus seinem Grab heraussah. Dieser und die schweigenden Toten, die mir entgegenkommen, sind düstere Grüße der Ewigkeit, und als solche will ich sie später malen.“ Ende 1915 ist auch Beckmanns seelische Widerstandskraft am Ende.

„Wer bin ich? Wer ist der Mensch?“ Die Fronterlebnisse hatten ihn auf sich selbst förmlich zurückgeworfen. Kunst war für ihn nun die Möglichkeit, sich selbst zu erkennen, wie man das nannte. Jedenfalls schuf er insgesamt 39 Selbstbildnisse, so viele wie kein anderer.
Der Menschendarsteller findet dann den Weg zur Wahrheit, zur mitleidlosen Enthüllung, „die dem Drama unserer Zeit die Stimmung gibt“, so schreibt der Kunsthistoriker Curt Glaser 1924. 1925 übernimmt Beckmann die Meisterklasse des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt, heiratet ein zweites Mal (die Tochter des Münchner Malers von Kaulbach, die er „Quappi“ nennt), nachdem seine erste Ehe zerbrochen war, aus der er einen Sohn hat.

Bilder aus dieser Zeit, die politisch und moralisch aus den Fugen war, werden 1926 in New York ausgestellt, dann in Mannheim, Berlin, Zürich und Basel, 1931 in Paris  und Berlin (Nationalgalerie). Beckmann hatte einmal gesagt: „Ich werfe in meinen Bildern Gott alles vor, was er falsch gemacht hat.“ Ob dieser Gott etwa aus seiner überirdischen Loge zuschaute, wie seine geistbegabten Geschöpfe mit allen Problemen ihrer unerklärlichen Existenz zurecht kamen? „Wenigstens blieb uns der Protest gegen den scheinbaren Wahnsinn des Kosmos“, schreibt er 1950.

Max Beckmann sucht immer noch das lebenswerte Dasein, den Sinn des Lebens. Er erhält in diesen dreißiger Jahren viel Beifall mit seinem grimmigen Humor und hat als Kunstprofessor ebenso viel Zustimmung.

Dann kommen die Nationalsozialisten, und der Beifall endet abrupt. Amtsenthoben geht er nach Berlin. Seine Ausstellungen werden verboten, die Bilder aus Museen entfernt, und ihr Kurs verfällt. Max und Quappi Beckmann finden in Amsterdam Zuflucht. „Meine Religion ist Hochmut vor Gott, Trotz gegen Gott, dass er uns so geschaffen hat, dass wir uns nicht lieben können“, schreibt er, für den der Glaube galt, dass Menschheit  und Gottheit ursprünglich eine himmliche Einheit gewesen sind, die durch die Schöpfung zerstört wurde. Ein durchaus buddhistisches Bild: Dereinst geht der Mensch  ins Nirwana  ein, in dieses Erlöschen der Einzelseele, die im All aufgeht, womit die Einheit von Mensch  und Gott wieder hergestellt ist. Solche Gedanken hatte Beckmann bei Schopenhauer (1788–1860) entdeckt.

Aus dieser unvollkommenen Welt aber kann seiner Meinung nach die Kunst den Menschen befreien – zumindest zeitweise. Das Genie (des Künstlers) ist nach Beckmann fähig, zum Urgrund des Seins vorzudringen. Freiheit ist dabei das einzige, worauf es ankommt. Es ist die Abfahrt, der neue Anfang. Sehr deutlich hat er sich gegenüber dem Kunsthändler und Freund Curt Valentin geäußert: „Abfahrt von den Illusionen des Lebens nach den wesentlichen Wirklichkeiten, die jenseits liegen.“

Er bleibt in Amsterdam auch noch nach dem Einmarsch der deutschen Truppen. Sein Sohn Peter, Stabsarzt der Luftwaffe, schmuggelt für ihn sogar dessen Gemälde zu deutschen Sammlern. Den ihm 1945/46 angebotenen Lehrstuhl nimmt er nicht an, obwohl er mittlerweile wieder gefeiert wird. „Es ist höchste Zeit, Du wirst unangenehm sichtbar. Zeit, ein neues Pulver des Verschwindens zu erfinden.“

Max Beckmann geht als Gastprofessor an verschiedenen Universitäten nach Amerika , wird fest angestellt an der Brooklyn Museum Art School und bald darauf Ehrendoktor der Washington-University St. Louis. Hier hält er eine Rede, die Vermächtnis und Bekenntnis zugleich ist: „Liebt, liebt, liebt – vergeßt nicht, dass jeder Mensch , jeder Baum, jede Blume ein Individuum ist, welches verdient, eingehend studiert und dargestellt zu werden. Immer ist die Kunst neben Religion und Wissenschaft die Helferin und Befreierin auf dem Wege der Menschheit  gewesen. Sie befreit durch die Form die vielen Zwiespältigkeiten des Lebens und läßt uns manchmal hinter den dunklen Vorhang blicken, der die unsichtbaren Räume verhüllt, in denen wir einst vereint sein werden.“

Ein Herzschlag auf einer Straße in New York löscht im Dezember 1950 sein Leben aus.

 



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