Triumph der Archäologie - Schliemanns Troia

Heinrich Schliemann

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Heinrich Schliemann, der neben Troia auch die Schätze Mykenes ausgraben sollte.
Heinrich Schliemann, der neben Troia auch die Schätze Mykenes ausgraben sollte.

Heinrich Schliemann

1822–1890

Heinrich Schliemann, Altertumsforscher und Kaufmann, geb. in Neubukow, gest. in Neapel.

Als Sohn eines Pfarrers im Bezirk Rostock zur Welt gekommen, wurde er Kaufmann in einem Amsterdamer Handelshaus, besaß später einen eigenen Großhandel in St. Petersburg (1847). Er erfüllte sich seinen Jugendtraum, die Stätten der griechischen Sage, speziell Homers Troja, auszugraben. Schliemann sprach durch eigenes anstrengendes Studium kaum glaublich zwölf Sprachen: Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Holländisch, Italienisch, Russisch, Schwedisch, Polnisch, Arabisch, Alt- und Neugriechisch. Er ging in die Troas an der Nordwestküste Kleinasiens und erhielt von der türkischen Regierung Grabungsrechte. Dies veranlaßt uns, nochmals von Troia zu sprechen.

Mit 80 Arbeitern hatte er auf dem Hügel von Hissarlik nach einem Jahr ca. 9.000 silberne und goldene Gegenstände gefunden, die er spontan für den Schatz des Priamos hielt. Doch welches Troia war das Ilion der Homerschen Ilias? Schliemann ging nach der klassischen Beschreibung des Pausanias (160 n. Chr.) vor. 1884 grub er (wieder nach Pausanias) den großen Palast und die kyklopischen Mauern in Tiryns aus, die Homer beschrieben hatte. Die gefundenen Schmuckstücke waren jedoch viele Jahrhunderte älter als die Zeit des Priamos, die Gräber waren nicht die Grabstätten Agamemnons und seiner Atriden, sondern Überreste der ägäischen Kultur auf dem griechischen Festland, also viel älter als Agamemnon. Die kyklopischen Mauern von Tiryns sind nach griechischer Überlieferung ca. 200 Jahre älter als der Troianische Krieg. Sie waren für den Fürsten Proitus errichtet worden, der den Palast an Perseus  übergab, der Tiryns mit der „düsteren“ Königin Andromeda regierte (ca. 1400 v. Chr.).

Im Gegensatz zu Kreta  waren hier Männer- und Frauengemächer (gynaikon) getrennt. Mykenai war nach Pausanias die größte Stadt des vorgeschichtlichen Griechenland , etwa 1400 von Perseus  erbaut und liegt 16 km weiter nördlich als die oben erwähnte Kyklopenburg. Auch Mykenai besitzt solche Kyklopenmauern, das berühmte Löwentor, dahinter die Akropolis mit ihren Burgruinen. Am Löwentor, dem ältesten und berühmtesten Burgtor Europas, begann Schliemann mit seinen Ausgrabungen, zusammen mit seiner griechischen Ehefrau Sophie und 43 Arbeitern. Schon bald stieß er in 2,5 m Tiefe auf zwei Grabsteine, in größerer Tiefe auf ein Schachtgrab. In der Nähe des Löwentores fand man Skelette, Goldkronen und Goldmasken, fertige Vasen, Bernstein, Amethystketten und eine menge Elfenbein. Danach fand er etwas südlicher ein weiteres Grab, in dem drei Frauen bestattet waren. Sie waren buchstäblich mit Gold überladen. Waren es Fürstinnen? Fiebernd vor Aufregung, mit bebenden Händen, tagelang auf Knien liegend, lösten Schliemann und seine Frau mit Spachteln die Kostbarkeiten aus der Erde. Goldschmuck im Gesamtgewicht von acht Pfund, es war überwältigend. Ein viertes Grab, das größte Schachtgrab des Königsfriedhofs, folgte. Hier lagen zwei Frauen und drei Männer. Die Männer trugen goldene Masken. An einer der Grabwände entdeckte er ein ganzes Waffenarsenal von Schwertern, Dolchen aus Bronze und weitere Schmuckstücke. Eine Doppelreihe von Platten umgab sechs Königsgräber, außerhalb der Mauer befand sich das sogenannte Grab der Klytämnästra, die nach der Sage ihren Gemahl Agamemnon ermorden ließ und deshalb wie ihr Liebhaber Ägisthos von ihrem Sohn Orestes erschlagen wurde. Ein langer Gang führt zu der ca. 13 Meter hohen Grabkammer im Hügel, ca. um 1300 erbaut. Von den Wohnhäusern stehen noch die Grundmauern.

Neun Gräber gegenüber der Akropolis, sog. Schachtgräber, hielt Schliemann für das Grab Agamemnons und Klytämnestras. Aber diese Ruinen datiert man um das Jahr 1600 v. Chr., in die Spätzeit der mykenischen Geschichte, also etwa 400 Jahre vor Agamemnon.

Die Könige von Mykenai und Tiryns betätigten sich als Seeräuber. An die Stelle der Seeräuberei trat der Handel, als Mykenai merkte, dass Kreta  durch ordnungsgemäßen Handel reich wurde. Um 1400 war die mykenische Flotte groß genug, der Seemacht Kretas den Fehdehandschuh hinzuwerfen. Der Krieg endete mit der Zerstörung der kretischen Paläste. Zu dieser Zeit war die Goldschmiedekunst in Mykenai ebenbürtig derjenigen in Kreta . Nach dem Untergang von Knossos (hier sollen die Philister herkommen) blühte Mykenai wie nie zuvor. Wie Rom die Kultur Griechenlands aufsog und verbreitete, so verbreitete Mykenai, von der Kultur des sterbenden Kreta  gepackt, die mykenische Stufe dieser Kultur über die ganze Mittelmeerwelt.

Wenn Schliemann auch nicht die Gebeine Agamemnons fand, so doch vielerlei Schmuck in verschwenderischer Menge. Die Ausgrabungen in Mykene wurden jedenfalls zum Höhepunkt in Schliemanns erfolgreichem Leben. Die hiesigen Schätze übertrafen die von Troja bei weitem. Das Sensationellste waren die mykenischen Totenmasken.

 

Zu Troja:

Zwischen dem griechischen Festland und Kreta  liegen zerstreut ca. 220 Inseln im ägäischen Meer. Sie werden, da sie einen Kreis bilden, die Kykladen genannt. Einige von ihnen waren reich an Marmor und Metallen. Etwa um das 17. Jh. waren die kleinen Inseln in Kunst, Schrift, in Regierung und Sprache unter kretische Herrschaft geraten. Als kretische Einfuhren ausblieben (1400–1200), holten sich die Inseln ihre Töpferwaren und Stile von Mykenai. Weiter im Osten liegen die „zerstreuten Inseln“, die Sporaden. Auch hier gab es eine vorgeschichtliche Kultur des ägäischen Typs, wenn auch einfacher.

Auf Zypern (Name von grch. kypros, Kupfer) gab es schon in der Bronzezeit  (3400–1200) großen Wohlstand, aber die Töpferwaren blieben roh, bevor Kreta  seinen Einfluß ausübte. Kupfer wurde nach Kreta , Griechenland  und Ägypten  ausgeführt. Von Zypern aus drang kretischer Handel den Küsten Kleinasiens und dessen Inseln entlang bis nach Troja vor.

Dort fanden Schliemann und Dörpfeld auf dem Hügel von Hissarlik die berühmten neun Städte, von denen eine immer über der anderen lag, als ob Troja neun Leben gehabt hätte. Die unterste Schicht war ein jungsteinzeitliches Dorf, ca. 3000 Jahre v. Chr., mit Werkzeugen und Töpferwaren. Ruinen der zweiten Stadt hielt Schliemann für das Troja Homers. Hier entdeckte man kyklopische Mauern wie in Tiryns und Mykenai, Häuser aus Backsteinen und Holz etwa aus der Zeit 2400–1900 v. Chr. Sie sind vielleicht einer Feuersbrunst anheimgefallen. Daher meinte Schliemann, dies sei das Werk der Griechen Agamemnons gewesen. Über der verbrannten Stadt liegen (als Nr. 3 bis 5) Überreste kleiner Dörfer.

Um 1600 gab es eine neue Stadt auf dem Hügel, die sechste, von Schliemann als unwichtig angesehen, aber Dörpfeld förderte nach Schliemanns Tod eine beträchtlich große Stadt ans Tageslicht, umgeben von einer ca. 10 m hohen Mauer mit vier Toren und Vasenfunden wie in Mykene. Auch diese 6. Stadt soll wohl um 1300 abermals zerstört worden sein (Erdbeben?). Griechische Geschichtsschreiber setzen die Belagerung Troias um 1194–1184 v. Chr. an. Man nimmt an, dass Troia VII die Stadt des Priamos war, klein und unbefestigt, bis Alexander der Große  334 an ihrer Stelle zu Ehren Homers Troia VIII erbaute.

Zu Beginn unserer Zeitrechnung errichteten die Römer unter Kaiser  Augustus Novum Ileum, Neu-Troia (Nr. 9), das bis zum fünften nachchristlichen Jahrhundert stand.

Wer genau die Troer waren, ist nicht völlig geklärt. Ein ägyptischer Papyrus nennt als Verbündete der Hethiter 1287 gewisse „Dardenui“, die in Homers Sprachgebrauch mit den Troern identisch sind (evtl. balkanischen Ursprungs?). Herodot  identifiziert die Troer aber als Kreter, die sich nach dem Untergang von Knossos in der Troas ansiedelten.

In Kreta  hatte die älteste europäische Hochkultur ihren Ursprung. Sie wird die minoische Kultur genannt. Arthur Evans, englischer Archäologe (1851–1941), findet die antike Stadt Knossos und ihren Palast mit eine Fläche von ca. 20.000 Quadratmetern und den Beweis ihrer Großmacht. 1960 begannen die Ausgrabungen der einzigartigen historischen Zeugnisse. Der Palast war bis zu vier Stockwerke hoch und wies etwa 1.300 Zimmer auf. Die ältesten Funde reichen bis in das dritte vorchristliche Jahrhundert zurück. Ein Erdbeben etwa um 1700 v. Chr. beendete die frühminoische Epoche. Auf den Trümmern des alten Palastes errichtete die mittelminoische Kultur dann ein neues Machtzentrum.

 

Troja. Zerstört und verbrannt lag das heilige Troja, durch die List des Odysseus.
Troja. Zerstört und verbrannt lag das heilige Troja, durch die List des Odysseus.

Der Name Troia oder Troja wurde von den Griechen auf den Helden Tros zurückgeführt, den Vater des Ilos, der wiederum Vater des Priamos war. „Ilios“, „Ilion“ oder „Troia“ sind verschiedene Namen für die gleiche Stadt.

 

Homers Heimat und Wirkungskreis (8. Jh. v. Chr.) lag im ionischen Kleinasien. Seine Odyssee ist etwas jünger als die Ilias. Die Ilias beschreibt, wie Troja durch die List des Odysseus – das trojanische Pferd – erobert, zerstört und verbrannt wurde. Die Odyssee berichtet, wie Aeneas mit seinem Sohn Ascanius überlebte und zur gleichen Zeit Odysseus auf dem Meer umherirrte auf der Suche nach seiner Heimat, der ionischen Insel Ithaka an der Westküste Griechenlands. Dort steht der Palast seiner Väter, dort warten seine Frau Penelope und sein Sohn Telemach. Seine Hirten weiden dort Ziegen, Rinder und Schweine. Getreide und Ölbäume wachsen hier. Tatsächlich kommt Odysseus nach Hause, siegt über die Freier der Penelope und lebt und herrscht noch lange mit Frau und Sohn Telemach über sein kleines Reich. Beide erreichen also ihr Ziel, Odysseus sowohl als auch Aeneas, der mit Sohn und Gefährten in Italien landet und zum Ahnen des römischen Weltreiches wird.

So wurde der Krieg von Troia schon früh ein Riesenmythos.

 

Ithaka, die Heimat des Odysseus, mit ihren zahlreichen Feldern, Weiden und Ölbäumen. Ithaka ist sowohl Hauptstadt als auch Name einer der Ionischen Inseln Griechenlands.
Ithaka, die Heimat des Odysseus, mit ihren zahlreichen Feldern, Weiden und Ölbäumen. Ithaka ist sowohl Hauptstadt als auch Name einer der Ionischen Inseln Griechenlands.

Der Hügel von Hissarlik liegt 6 km landeinwärts von den Dardanellen (im Altertum  Hellespont), einer Meerstraße, die bei Kleinasien das Marmarameer mit dem Ägäischen Meer verbindet. Die Dardanellen wurden im Jahr 480 v. Chr. von Xerxes überbrückt. Auch Alexander  setzte 334 v. Chr. hier über. Viele ausländische Eindringlinge wollten die Dardanellen schiffbar machen, aber bis heute sind sie türkisches Terrain, wobei sich besonders Kemal Atatürk bei der Abwehr auszeichnete.

 



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