Meisterleistungen der Künste im Schatten des Scheiterhaufens

Albrecht Dürer

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Dürers Haus am Tiergärtner Tor in Nürnberg.
Dürers Haus am Tiergärtner Tor in Nürnberg.

Albrecht Dürer

1471–1528

Die erste Hälfte seines Lebens gehört dem ausgehenden 15. Jh., die zweite dem Beginn des 16. Jh.s an, das er wohlangesehen in den großen religiös-politischen Wirrungen mit kaum glaublicher Kreativität bis 1528 verbrachte. Man kann nur einen Namen nennen, wenn man versucht, die deutsche Kunst auf eine Formel zu bringen: Albrecht Dürer.

Die Malkunst steht bei ihm nicht einmal so sehr im Vordergrund, vielmehr hinterließ Dürer nicht weniger als ca. 250 Holzschnitte und etwa 100 Kupferstiche.

Die Reformation als zentrales Ereignis in Deutschland  brachte für die Stadt Nürnberg 1525 den Ratsbeschluß, zur Reformation überzutreten, von dessen Richtigkeit der Maler sicher überzeugt gewesen ist.

Auf seiner Hollandreise holte Dürer sich bei den insektenverseuchten Sumpfgebieten von Zeeland eine Malariainfektion, an deren Folgen er noch jahrelang litt. Am 6. April 1528 starb er, auf den Tag genau 8 Jahre nach Raffael .

Auffallend ist die große Zahl der Selbstbildnisse, was vor Dürer ungewöhnlich war. In seinen letzten Jahren malt er kaum noch. Vielmehr schreibt er, um den Künstlern eine Sicht für Geometrie, Perspektive und Proportionen zu vermitteln, denn „nichts ist einem rechten Verstand unangenehmer zu sehen, wenn Falschheit im Gemäl“, schreibt er. Die Suche nach den Gesetzen der Kunst will er Schülern ersparen. Er glaubt an Gesetze, nicht an Einfall und Phantasie.

Der Vater war als Sohn eines Goldschmieds in einem Dorf namens Eytas oder Ajtas in Ungarn zur Welt und über die Niederlande 1455 nach Nürnberg gekommen, heiratete eine fünfzehnjährige Tochter seines Lehrmeisters und hatte mit ihr achtzehn Kinder, die bis auf drei Söhne alle frühzeitig starben. Albrecht war das dritte Kind.

In der Goldschmiedelehre lernt Albrecht den Umgang mit dem Stichel, um etwa Buchstaben oder Verzierungen in Gold oder Silber zu ritzen. Sein Pate ist der Drucker und Verleger Koberger, der auch die Bibel in lateinisch und sogar in deutsch druckt sowie u.a. im Todesjahr des Nikolaj Kopernik (1543) dessen astronomische Darstellung des heliozentrischen Weltsystems erscheinen läßt: „De revolutionibus orbium caelestium“. Auf die Bitten Albrechts, ihn dem bekannten Nürnberger Maler Michael Wolgemut in die Lehre zu geben, gibt der Vater nach, und somit wird der junge Dürer in der Kunst des Zeichnens, der Malerei  und der Technik des Holzschnitts ausgebildet. Als Geselle wechselt er 1490 nach Colmar, um sich bei dem Kupferstecher Martin Schongauer, der weit über den Elsaß hinaus berühmt war, weiter bilden zu lassen. Der Meister war leider kurz zuvor verstorben, doch Albrecht wird von den Brüdern Schongauers aufgenommen und lernt von den hinterlassenen Kupferplatten. Als Holzschneider verdingt er sich im nahen Basel, vergißt dabei aber völlig, auf Freiersfüßen zu wandeln und kann nicht wissen, dass dies der Herr Papa in Nürnberg für ihn erledigt, obwohl damals Eltern sehr häufig Ehen für ihre Kinder abschlossen. Agnes Frey bringt mit 200 Gulden genug für einen Hauskauf mit, und der Vater schreibt dem folgsamen Sohn, alles sei bereitet. Er brauche lediglich zur Hochzeit nach Hause zu kommen. Somit heiratet Albrecht seine Agnes, die er zuvor nie gesehen hat und lebt mit ihr bis zu seinem Tode in kinderloser Ehe zusammen. Stationen seines weiteren Lebens: 1494 unternimmt er allein die erste von zwei Italienreisen über Innsbruck nach Venedig , kommt im Frühjahr 1495 über den Gardasee, Trient und den Brenner nach Nürnberg zurück.

1498 wird die Apokalypse veröffentlicht, schon deshalb war dies ein bedeutendes Jahr.

Von 1505 bis 1507 folgt die zweite Italienreise nach Venedig . Zwei Jahre später kauft er am 14. Mai 1509 das Haus am Tiergärtner Tor. Am 16. Mai 1514 stirbt Dürers Mutter. Er hatte sie noch kurz vor ihrem Tode gezeichnet.

 

Dürers Mutter in ihrem Todesjahr1514, Kohlezeichnung.
Dürers Mutter in ihrem Todesjahr1514, Kohlezeichnung.

1518 ist er auf dem Reichstag in Augsburg. Dort zeichnet er den Kaiser  Maximilian. 1519 begleitet er die Nürnberger Patrizier Martin Tucher und Willibald Pirkheimer auf einer Reise in die Schweiz. Am 12.Juli 1520 begibt sich Dürer in Begleitung seiner Frau Agnes und einer Magd auf eine Reise in die Niederlande. Es geht über Bamberg, Würzburg, Aschaffenburg, Frankfurt, Mainz und von dort per Schiff nach Köln. Weiterfahrt am 28. Juli nach Antwerpen, von wo aus Fahrten nach Aachen, Mecheln, Brüssel u.a. erfolgen. Im Oktober nimmt er an der Kaiserkrönung Karls V. in Aachen teil. 1521 kehrt er nach Nürnberg zurück.

 

Am 6. April 1528 stirbt Albrecht Dürer.

 

 

 

 

 

Die Lust und Fähigkeit zu lebenslanger Selbstkontrolle war eine von seiner Natur untrennbare Leidenschaft. Ganz auf dem Grunde findet sich das religiöse Bedürfnis. Es war der Kern seines Wesens. Diese religiöse Urschicht ist aber mitbestimmt durch die Zeitgebundenheit Dürers, d.h. durch die Zugehörigkeit zur spätmittelalterlichen Menschheit .

Man sollte bei aller Wertschätzung nicht übertreiben. Der damalige bürgerliche Umgangston war zu Dürers Zeiten recht ruppig. Auch unter gebildeten Männern galten derbe Zoten als normal. So liegen auch einige Dürer-Briefe in gereinigter Form vor. Seine Spielleidenschaft muss ebenfalls ausgeprägt gewesen sein, was er allerdings freimütig zugegeben hat. Spielkarten und Münzen fand man noch im 19. Jahrhundert im Dürerhaus hinter einer Wandverkleidung. In einem Bericht heißt es diesbezüglich: „Der authentische Albrecht Dürer, wahrhaftig auch in seinen Fehlern, stünde uns Heutigen gewiß näher als der schamhaft idealisierte. Vielleicht sähen wir dann auch sein Werk mit anderen Augen.“

 

Die vier Reiter aus der „Offenbarung Johannis“, dem dunkelsten Kapitel der Bibel (Apokalypse), Holzschnitt 1498. Mit Johannis ist nicht der Apostel Johannes gemeint.
Die vier Reiter aus der „Offenbarung Johannis“, dem dunkelsten Kapitel der Bibel (Apokalypse), Holzschnitt 1498. Mit Johannis ist nicht der Apostel Johannes gemeint.

Es ist dies das Blatt aus seinem ersten großen Werk, das vor allen anderen berühmt geworden ist. Nach der Bibel wird der Seher Johannes mit Donnerstimme gerufen und sieht dann nacheinander auf verschiedenfarbigen Pferden vier Reiter: den nach Eroberungen lüsternen Sieger, seinen Gehilfen, den Krieg, sein Gefolge, den Hunger (mit der Wage für das zu teure Getreide in der Hand) und zuletzt den Tod. Ein Bild der Vernichtung, die mit Windeseile über die Erde dahin braust.

Apokalypse (grch.) heißt Offenbarung, eine Schrift, die Weltlauf und Weltende prophetisch enthüllt. Im Neuen Testament  gibt in der Johannes-Apokalypse der erhöhte Christus dem Seher von Patmos Anweisungen und ein Bild kommender Schreckenszeit. Könnte man dieses Blatt Dürers nicht als eine prophetische Darstellung dessen auffassen, was ein Jahrhundert nach Dürer über Deutschland  hereinbrach, jene dreißig Jahre voll von Krieg, Hunger, Pestilenz und Tod?

 



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