Das 12. Jahrhundert

Die Kreuzzüge (1095-1291)

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Szene zu den Verfolgungen jüdischer Bürger durch Kreuzfahrer.
Szene zu den Verfolgungen jüdischer Bürger durch Kreuzfahrer.

Die unheilige Allianz von Macht und Religion fand in den Kreuzzügen ihren Ausdruck. Man könnte auch von der ersten großen Manifestation des christlichen Fundamentalismus sprechen, die natürlich dem damaligen Zeitgeist entsprach. Diese 200 Jahre jedenfalls bildeten den dramatischen Höhepunkt des Mittelalters.

Kreuzzüge

Es gilt festzuhalten, dass Pilgerfahrten nach Palästina  respektive Jerusalem schon lange möglich waren. Jetzt ging es darum, nach der Eroberung Jerusalems durch die Türken (1070), Europa und Byzanz vor dem Islam  zu retten, ebenso auch die Ausweitung der Handelsmacht zu betreiben.

Der französische Papst  Urban II. ging auf das Ersuchen des Kaisers Alexios von Byzanz ein. Konnte der Traum von der Wiedergewinnung der Ostkirche wahr werden? Das entscheidende Konzil fand in Clermont statt, es folgten 9 Monate Kreuzzugpredigten in Städten wie Tours, Toulouse, Montpellier, Nimes und Bordeaux unter dem geprägten Kampfruf „Gott will es“.

Bischöflicher Schutz des Eigentums während der Abwesenheit der Kreuzfahrer und deren Steuerfreiheit wurden versprochen.

Der französische Papst  Urban war schließlich anerkannter Herr über Europas Könige, und der Krieg war kein normaler, sondern ein „heiliger Krieg“ (hierbei hören wir es klingeln!). Der erste Kreuzzug fand statt von 1095 bis 1099.


1095

starteten drei ungeordnete Haufen von 5.000 bis 12.000 Leuten. Bald schon führte Hunger unterwegs zu ersten Plünderungen. Einige Städte schlossen die Tore vor den Kreuzfahrern. Dafür hielten diese sich schon im ersten Kreuzzug schadlos, indem jüdische Siedlungen und Gemeinden auf dem Weg ins Heilige Land heimgesucht, die Häuser geplündert und deren Bewohner ermordet wurden. Solche Übergriffe ereigneten sich beispielsweise in Städten wie Köln, Mainz, Speyer und Worms, aber auch in kleineren Orten.

 

Die teilweise durch Pest  und Kämpfe dezimierte Schar wurde schließlich in Konstantinopel von Alexios empfangen. Die erste Streitmacht wurde von den Türken fast vollständig aufgerieben. Es war dies alles weitgehend eine französische Angelegenheit. Die Erfahrungen mit dieser Bauernhorde mahnten Alexios zur Vorsicht. Ein „Peter der Eremit“ war angewidert von dem unbeherrschbaren Heerhaufen und hatte sich noch vor der Schlacht gegen die Türken nach Konstantinopel zurückgezogen, wo er bis 1115 ein geruhsames Leben führte.


1096

Auf verschiedenen Wegen zogen nachrückende Heerscharen in Konstantinopel ein. Ihr bekanntester Anführer war Herzog Gottfried, Herr von Bouillon aus Belgien. Verschiedene Heere von insgesamt 30.000 Mann unter getrennter Führung setzten über die Meerenge über. Die Moslems waren insgesamt keine Einheit im Sinne des Wortes, vielmehr überaus stark aufgespalten. So richteten sich z.B. ägyptische Kalifen in Südsyrien gegen die Seldschuken in Nordsyrien. Es kam zur Belagerung von Nikäa und anschließend zu einem blutigen Sieg der Christen bei Antiochien gegen ein türkisches Heer. Der 800 km lange Marsch mit häufigem Mangel an Nahrung und Getränken sowie das Klima  mit ungewohnt großer Hitze brachte vielen Männern, Frauen, Pferden und Hunden den Tod, vor allem durch Verdursten, aber der Vormarsch auf Antiochien ging weiter, wo es zu einer achtmonatigen Belagerung kam. In dieser Zeit lernten die Franken  das Zuckerrohr kennen. Der Name Zucker leitet sich vom arabischen „sukkar“ ab.

1098

fiel Antiochien und eine anrückende Muselmanenarmee konnte entscheidend geschlagen werden. Graf Bohemund von Tarent wurde Fürst von Antiochien, das aber im Grunde ein Lehen von Alexios war.

1099

Nach sechsmonatiger Erholung und Neuaufstellung wurde das Ziel Jerusalem angegangen und am 7. Juni 1099 mit „nur noch“ 12.000 Streitern erreicht. Bohemund und Gottfried von Bouillon verlangten die bedingungslose Kapitulation vom Kalifen, dem es gelungen war, ein Jahr zuvor die Türken zu vertreiben.

40 Tage lang leisteten die Fatimiden Widerstand, bevor dieser brach. Angeblich wurden tausende von überlebenden Juden in einer Synagoge zusammengetrieben und lebendig darin verbrannt. Zuletzt kam es zur Siegesfeier in der Grabeskirche.
Gottfried von Bouillon, Herzog von Niederlothringen, ließ sich zum „Beschützer des heiligen Grabes“ wählen. Nach seinem Tod (1100) wurde sein Bruder Balduin, vorher Fürst von Edessa, König von Jerusalem.
Die Kreuzfahrerstaaten aber schwächten einander durch Thronwirren und Rivalitäten, während sich der vorher uneinige Islam  zum Gegenstoß sammelte.

1147–49

erfolgte der nächste Kreuzzug, der mit militärischen Katastrophen und politischen Zerwürfnissen endete.

1187

eroberte Sultan Saladin Jerusalem. Nach dessen Tod unternahm Friedrich Barbarossa 1189 den 3. Kreuzzug als „Reichskrieg unter kaiserlicher Führung“. Er ertrank an der Südküste Kleinasiens im Saleph beim Baden, und die ihm nachfolgenden Könige Frankreichs und Englands (Richard Löwenherz) brachten durch ihren Zwist nach der Eroberung Akkas 1199 auch diesen Kreuzzug um weitere Erfolge.

 

Kreuzritter-Szene, gemalt von Domenico Tintoretto.
Kreuzritter-Szene, gemalt von Domenico Tintoretto.

Der von Papst Innozenz III.  betriebene 4. Kreuzzug von 1202 bis 1204 wurde von den Venezianern wegen ihrer Handelsinteressen nach Konstantinopel abgelenkt. Nach dessen Eroberung wurde ein Lateinisches Kaisertum errichtet. Der Pakt des venezianischen Dogen mit den Kreuzrittern sollte ein venedigfreundliches Regime in Konstantinopel einsetzen. 1204 eroberten die Ritter  die Metropole und plünderten sie aus.

Dem Kreuzzugseifer, der 1212 sogar Kinder in Frankreich  und am Niederrhein zu Tausenden ergriff und ins Verderben führte (Kinderkreuzzug), folgte der Tod von Innozenz, ehe ein neuer Kreuzzug in Gang kam, der sich gegen die islamische Hauptmacht in Ägypten  richtete, aber nach der Eroberung Damiettes im Nildelta 1221 katastrophal scheiterte.

Kaiser Friedrich II. hatte schon 1215 eine Kreuzfahrt gelobt, verzögerte sie jedoch, worauf er von Gregor gebannt wurde. Trotzdem brach er 1228 zum 5. Kreuzzug auf, erreichte kampflos durch Verhandlungen mit dem ägyptischen Sultan die Freigabe der christlichen Pilgerstätten und krönte sich 1228 selbst zum König von Jerusalem, das aber 1244 wieder aufgegeben wurde.

1248–1254

unternahm der fanzösische König Louis IX. den 6. Kreuzzug, der nach der Eroberung Damiettes ebenso scheiterte wie sein Zug gegen Tunis im Jahre 1270 (der 7. Kreuzzug).

Die Päpste ließen einen weiteren Kreuzzug gegen die Staufer predigen, wie vorher schon gegen die Ketzer  in Südfrankreich (Albigenserkriege 1209–1229).

1291 ging in Palästina  die letzte Bastion Akka verloren.

Ergebnisse

Ohne eigentlich politisch durchgreifende Erfolge hatten die Kreuzzüge für das Abendland doch nachhaltige Wirkungen. Zwar konnte die Vereinigung der Lateinischen mit der Byzantinischen Kirche  nicht erreicht werden, aber die Handelswege Venedigs und anderer italienischer Stadtstaaten wurden im östlichen Mittelmeer für lange Zeit gesichert. Die Berührung mit Byzanz und mit der islamischen Welt sorgte dafür, dass griechisch-orientalisches Geistesgut im Abendland bekannt wurde. Griechische Sprache, Literatur und Philosophie gewannen an Bedeutung, arabische Wissenschaft drang allmählich auch in das gelehrte Europa vor. Die ritterliche Frömmigkeit hatte sich an den Kreuzzügen entzündet und verzehrt und orientalische Literatur des Sagen- und Märchengutes bereicherte das Abendland nicht unerheblich.

1098

Geburt der Hildegard von Bingen, die das Benediktinerkloster Rupertsberg bei Bingen am Rhein gründen sollte, wo sie 1179 als Äbtissin starb. 100 Jahre später rüttelte Elisabeth von Thüringen Ungarn mit ihrem kurzen Leben asketischer Heiligkeit auf (1207–1231). Der strenge Inquisitor Konrad von Marburg übte eine krankhafte Anziehungskraft auf sie aus. Elisabeth widmete sich praktisch ausschließlich den Armen.

 

Die Wladimir-Ikone, Lindenholz mit Temperafarben.
Die Wladimir-Ikone, Lindenholz mit Temperafarben.

Zu den berühmtesten Ikonen der östlichen orthodoxen Kirche  (eikon = Bild) gehört eine solche aus dem frühen zwölften Jahrhundert: die Gottesmutter von Wladimir aus Konstantinopel, heute im Besitz der Galerie Tretjakow in Moskau.

 



Weblinks